Ist Mastodon wirklich schwieriger als Twitter?

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In der Regel schreibe ich auf Polnisch. Ich bin mich dessen bewusst, dass mein Deutsch als Menschenrechteverletzung betrachten kann wird ;–) Aber aus Freude, dass ich endlich deutsche Buchstaben normalweise nutzen kann, mache ich diesmal eine Ausnahme.

Letztens spricht man viel über Twitter, Mastodon und BlueSky. Ich habe auch etwas dazusagen – es wird aber keine typische Vergleichung, weil meine Perspektive untipisch ist. BlueSky habe ich erst seit letzter Woche, früher war ich aber nicht jemand, der OpenSource-Geek ist und nur Fediversum benutzt oder jemand, der dort aus Twitter umstiegen war, sondern jemand, der Twitter und Mastodon eigentlich gleichzeitig (im März 2022) nutzen anfang. Früher, aus bestimmten Gründen, hatte ich innerhalb vielen Jahren meinstens Facebook benutzt. Mit dieser Perspektive kann ich sehen, wie grosse Rolle, die man dem Twitter oder dem Mastodon zuordnen versucht, einfach Gewohnheit spielt. Also:

Registration bei Mastodon war sehr einfach – weil Fediversum war nicht so populär und ich gründete einfach zufälliges Mastodon-Konto auf zufälliger Instanz. Ich hatte keine Idee, dass es so viele Fediverse-Möglichkeiten ist und dass ich daran mehr denken soll. Ich googlete einfach “Mastodon” und klickte auf Link aus Wikipedia. Heutzutage wäre es wahrscheinlich mehr komplieziert. Mit Twitter war es schwierieger, weil sie mein Telefonnummer wollten und als ich ihn gegeben hatte, ruf mich USA-nummer an. Da ich früher mit bestimmten bösen Amerikanen zu tun hatte, hat mich der Ruf sehr gestresst. Registration bei BlueSky war nicht komplieziert, mann braucht aber ein Invite-Code von jemanden, der dort Konto hat und nicht jeder kann es leicht bekommen.

Die ersten Eindrücke, als ich schon Twitter und Mastodon hatte? “Hier ist alles so schwierieg und sinnlos, ganz anders, als Facebook!”. Technischen Schwieriegkeiten. Was zum was dienst. Wie funktioniert. Wie soll ich etwas machen usw. Zum Glück hatte ich Bekannten, die Twitter und Mastodon benutzten und auf meine Fragen beantworten konnten. Ohne ihre Hilfe wäre es alles viel schwierieger.

Problem: “Hier ist niemand da!”. Bei Mastodon und bei Twitter. Ok, ich kennte vielleicht 1-2 Personen auf Twitter und 1-2 Personen auf Mastodon. Auf Facebook hatte ich über 100 Bekannte. Die Meistens davon kannte ich persönlich oder aus langen Diskussionen in FB-Gruppen. Aber auf Masto und tt gab es keine “Friends”. Nur “Following” und “Followers”. Und ich war an “private” Kommunikation mit echten Freunden gewohnt und nicht an öffentliche Kommunikation mit Fremden. Ausserdem bin ich autistisch, ich sage zu viel. Manchmal sage ich etwas Falsches, wenn ich wütend bin, manchmal verstehe ich den Kontext nicht, manchmal möchte ich nett sein, aber jemand empfindet meine Aussage trotzdem als unfreundlich und beleidigend. Und ich ziehe es vor, wenn es in einer kleinen, bekannten Gruppe geschieht und nicht in der Öffentlichkeit. Auf Twitter oder Mastodon kann es jeder sehen. Wenn mir die Menschen fremd sind, ich ihr Umfeld nicht kenne usw., dann begreife ich mehr den Kontext nicht und die Wahrscheinlichkeit, dass ich etwas Dummes schreibe, steigt. Wenn ich einen dummen Kommentar unter dem Account einer berühmten Person schreibe, lachen Tausende ihrer Followers darüber. Selbst jetzt, wenn ich mich schon an Twitter und Mastodon gewöhnt habe, empfinde ich die Interaktion mit großen Accounts hier als stressiger, als wenn ich mich mit Freunden auf Facebook unterhalte. Die Leute sagten: “Twitter ist cooler als Facebook, weil man auf Twitter rechte Politiker beschimpfen kann”. Aber ich will sie nicht beschimpfen – ich will nur, dass sie aufhören, mein Land zu zerstören. Und ich unterhalte mich lieber auf Facebook mit jemandem, den ich kenne und mag, als auf Twitter mit einem Fremden, den ich nicht mag.

Das zweite Teil von “hier ist niemand da!” – ich hatte keine Followers. Als ich etwas schrieb oder nach etwas (z.B. nach Twitter/Mastodonnutzung) fragte – antwortete niemand darauf. Ich nutzte keine Hashtags. Ich hatte Eindruck, dass ich mit dem Wand spreche. Menschen sagten “baue dir Content auf, bekomme Followers”. Aber ich wusste nicht, wie. Auf FB habe ich meist über private Dinge gesprochen, über die ich mich in der Öffentlichkeit nicht wohlfühlen würde.

Das nächste Problem: Zeichenbeschränkungen. Ich sage viel und i schreibe viel. Von Natur aus. Am Anfang an, als ich mich ermutigte etwas auf Twitter zu kommentieren, war ich nicht im Zustande es zu tun, weil mein Kommentar nie in einen einzigen Tweet passt. Meiner Meinung nach gibt es so viel Aggression auf Twitter nicht nur wegen der Algorithmen, sondern auch wegen dieser Zeichenbeschränkungen. Ein Tweet muss kurz sein, so dass nicht genug Platz für Worte bleibt, um die Botschaft abzuschwächen. Manche Menschen können gleichzeitig sachlich, kurz und höflich antworten, aber das ist schwierig. Ich kann das immer noch nicht, und wenn ich versuche alles in 1 Tweet hineinzupacken, klingt die Aussage unangenehm. Ich weiß jetzt, dass man bei Mastodon und Twiter einfach Threads für längere Beiträge erstellt, aber das wusste ich anfangs nicht und ich denke immer noch, dass diese Zeichenbegrenzung ein Nachteil von Twitter oder Mastodon gegenüber Facebook ist. Oder Reaktionen. Auf FB war für alles einzelne Emitikon. Trost, Wut, Traurigkeit usw. Und auf Mastodon/Twitter? Nur Likes-Option. Soll ich ein “Herz” oder einen “Stern” vergeben, wenn mich etwas verärgert oder traurig macht? Das macht doch keinen Sinn. Wenn ich unter Video, das Polizeigewalt zeigt, ein “Like” gebe, wird der Autor denken, dass ich das Verhalten der Polizei mag....

Und jetzt? Ich habe mich einfach an das alles gewöhnt und es zu nutzen gelernt. Zum Erstellung von Inhalten, Begrenzung privater Inhalte, Suche nach Informationen, Gespräche mit Fremden, Interaktion mit Großaccounts (obwohl ich immer noch nicht weiß, wen ich “duzen”, und wen ich “siezen” soll und wenn meine Reaktion ok ist), zum Mangel an lokalen Themen usw. Ich habe nicht mehr diesen Eindruck “Hilfe! Jemand Fremdes beobachtet mich! Was will er von mir?”, wie ich am Anfang hatte, ich fang sogar selbst hashtags nutzen an. Am Anfang an hatte ich Eindruck Twitter/Mastodon sind viel schlechter als Facebook. Aber sie sind nicht, sie sind einfach anders. Deshalb habe ich keine Absicht auf FB zu verzichten, obwohl Manche auf Mastodon es nicht verstehen können. Und ich denke, weil ich den Vergleich “FB vs Mastodon/Twitter” hatte, staat “Mastodon vs Twitter”, kann ich jetzt Mastodon und Twitter mehr objektiv vergleichen. Ich mag lieber Mastodon, Twitter mag ich nicht besondes gut, aber ich bin Nutzerin, nicht Gläubigerin, und ich kann die Vor- und Nachteile beider Dienste erkennen. Was mir an Twitter gefällt, ist, dass es dort viele Konten gibt, die nicht auf Mastodon sind – darunter Organisationen, Journalisten, Medien usw. Dass ich interessante Listen erstellen kann, die auch Konten enthalten, denen ich nicht folge. Dass ich kann quote Tweet reposten, auf quoten Post reagieren oder Reaktionen sehen. Aber ich mag die Twitter-Algorithmen nicht, Zeichenbeschränkungen, Polarisierung, Shitstorms. Die Tatsache, dass es so viele Rechte oder andere Trolle da draußen gibt. Ich twittere selten, denn wenn ich etwas schreibe, kommen die Rechten mit ihren idiotischen Kommentaren. Ich verstehe, dass für Vielen Reichweite auf TT wichtig sind (und großen Respekt vor Menschen mit großen Konten, dass sie die Kraft haben, sie zu führen), aber nicht für mich, weil mehr Reichweite=mehr Rechstextremen, Hatespeach usw. Was mir an Mastodon wirklich gefällt, ist, dass es kein amerikanisches Unternehmen ist, dass es nicht so viele Daten sammelt, dass es keine Werbung einblendet, dass es eine bequemere Schnittstelle mit einem guten Translator hat. Vor allem aber gefällt mir die Diskussionskultur hier. Alle sind höflich und freundlich. Selbst wenn ich herausgefordert oder beleidigt werde, geschieht dies auf kultivierte Art und Weise. Dadurch ist es immer noch möglich, mit ihnen zu diskutieren, denn es gibt nicht so viel Hass wie auf Twitter. Es ist größtenteils Mastodon zu verdanken, dass meine Diskussionskultur viel besser ist, als sie es war, als ich hauptsächlich fb nutzte. Ich habe auf Mastodon viel mehr Reichweite und viel mehr Follower als auf Twitter, weil ich einfach viel weniger Angst habe, hier etwas zu schreiben. Und Was mir hier nicht gefällt? Das hier keine quote posts gibt. Es macht Reaktionen viel schwierieger. Weitergeben ist auch mehr komplieziert – wenn ich weitergebe einen Toot von jemanden, ich kann keine Reaktionen sehen. Auf Mastodon Ich fehle immer noch eine Menge Leute, Organisationen oder Medien (besonders polnische). Hier gibt es einen Mangel an Frauen und Frauenorganisationen. Gibt es eine Menge Mansplaning, eine typisch männliche Perspektive, einen unbewussten Sexismus. Ich verstehe, warum das so ist, ich weiss Facebook- oder Twitter-Fanatiker können manchmal viel aggressiver sein, aber dem Mastodon ist mit dieser Vorgehensweise nicht geholfen. Und irritiert mich die manchmal übermäßig aggressive Aufforderung, Fediverse zu nutzen, andere Plattformen aufzugeben usw. Manche betrachten die Fediverse als eine monotheistische Religion, zu der jeder bekehrt werden muss.

Jetzt, seit ein Paar Tagen habe ich auch BlueSky, und? Ich habe gute erste Erfahrungen. Auf BlueSky gibt es noch mehr “es gibt niemand da!”-Effekt. Es gibt keine öffentlichen Personen oder Organisationen, zumindest habe ich keine polnischen gefunden (es gibt einige deutsche). Die Beobachter wählt man via “Oh! Jemand, der Polnisch spricht!”. Hashtags fehlen, DM fehlen, das Übersetzungsystem ist hoffnungslos (noch schlechter als bei Tweeter), meine Daten werden wahrscheinlich gesammelt. Und doch scheint BlueSky angenehm, intuitiv und komfortabel zu sein. Und ich fühle mich hier wohl. Ist es, weil es objektiv besser ist als Twitter oder Mastodon? Im Gegeiteil, ich sehe darin viele Schwachstellen. Aber dadurch, dass ich bereits ähnliche Dienste wie Twitter und Mastodon genutzt habe, habe ich keine Probleme mit Bluesky, weil ich das alles schon kenne. Die Schwierigkeiten, die die Twitterleute mit Mastodon hatten, erinnern mich an die Schwierigkeiten, die ich, ein Facebookerin, mit Mastodon/Twitter hatte. Auf einer psychologischen Ebene das Gefühl hatte, dass “Mastodon/Twitter schlechter ist, ist hier alles härter”. Tatsächlich ist es nicht schlechter (man feststellen, dass es in vielerlei Hinsicht besser ist), er ist einfach anders. Jeder Dienst hat seine eigenen Merkmale, jede Nutzer(in) hat leicht unterschiedliche Bedürfnisse, und das ist normal.